ET 403 Airport Express – Hochgeschwindigkeitszug in Deutschland

ET 403 in IC-Lackierung – 09.1974 © Christian Splittgerber
ET 403 als Lufthansa-Airport-Express – 14.10.1992 © Christian Splittgerber
ET 403 Cockpit – 08/1988 © André Werske

Der ET 403 im Überblick

Die Geschichte der Hochgeschwindigkeitszüge in Deutschland begann mit drei Prototypen, die 1972 hergestellt wurden und für eine Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h ausgelegt waren. Diese Triebwagenzüge konnten dank Allachsantrieb gut beschleunigen. Eine Art Neigetechnik sollte die Garnituren schneller durch Gleisbögen fahren lassen, doch deren Konstruktion bewährte sich nicht. Der fahrplanmäßige Einsatz des ersten der drei Züge mit bis zu 200 km/h begann mit dem Winterfahrplan 1974/75. Weil die ET 403 nicht so flexibel einsetzbar waren wie lokbespannte Züge, rangierte die DB die Hochgeschwindigkeitszüge mit der Einführung der zweiten Wagenklasse zum Ende des Winterfahrplanes 1978/79 aus. Die Lufthansa verwendete die in weiß-gelb umlackierten Einheiten noch bis 1991 als Airport Express. In den darauffolgenden Jahren waren die drei Züge dem Vandalismus ausgesetzt, bis sich Interessengruppen für deren Erhalt einsetzten. Ein Verein hatte sich ab 2012 zum Ziel gesetzt, die materiell ausgeschlachteten Züge wieder zu einer fahrfähigen Garnitur aufzuarbeiten. Doch aufgrund der hohen Kosten ruht das Projekt seit einigen Jahren.

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Vorüberlegungen

Zum Fahrplanwechsel 1971 / 72 verbesserte die Deutsche Bundesbahn mit der Inbetriebnahme eines InterCity-Netzes den Komfort für Bahnreisende. Doch um die Fahrgäste nicht an die wachsende Konkurrenz von Auto und Flugzeug zu verlieren, musste die DB auch über einen Hochgeschwindigkeitszug, wie er schon in Japan und Frankreich mit Erfolg eingesetzt wurde, nachdenken. Bisher hatte man nur im S-Bahn-Betrieb Erfahrungen mit dem Triebwagenzugprinzip gemacht. Ansonsten dominierten hauptsächlich lokbespannte Züge. Es gab jedoch gute Gründe Triebwagenzüge einzusetzen:


Obwohl die damals recht kräftige und schnelle Elektrolokomotive der Baureihe 103 erst kurz zuvor ihren Plandienst aufnahm, setzte die DB plötzlich auf das Triebwagenzugkonzept und forcierte die Entwicklung von vorerst drei neuartigen Elektrotriebzügen.

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Entwicklung des ET 403

Bevor man mit dem Bau der Fahrzeuge loslegte, entschied man sich ein 1:10-Modell eines Endwagens zu entwerfen, um die optimale Gestaltung des Führerstandes und der Inneneinrichtung herauszufinden. Für die äußere Gestaltung der Fahrzeuge war das Design-Center des BZA München verantwortlich. Einer der von den Firmen LHB, MBB, AEG, BBC, Siemens und MAN gebauten Züge kam zu klimatechnischen Untersuchungen in die Klimakammer nach Wien. Erst am 2. März 1973 wurde der erste Triebwagenzug der DB übergeben. Der fahrplanmäßige Einsatz des ersten der drei Züge begann mit dem Winterfahrplan 1974/75. Doch noch immer testete die DB die Züge auf Herz und Nieren. So kam es hin und wieder vor, dass anstatt dem ET 403 ein lokbespannter IC fuhr.

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Technik des ET 403

Der ET 403 hatte einiges zu bieten. Eine Garnitur bestand aus zwei Endwagen und zwei Mittelwagen. Anstatt an jedem Ende des Zuges zwei Triebköpfe einzusetzen, kam die Antriebselektronik unter den Fußboden der Wagen. Jeder Wagen war somit im Prinzip eine eigenständige Lokomotive. Im Gegensatz zum ICE 3 wurden alle Achsen angetrieben. Erstmalig in Deutschland wies der Triebwagenzug eine gleisbogenabhängige Neigetechnik auf, um auch auf kurvenreichen Strecken seine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h ausfahren zu können. Die Neigung erfolgte durch die Umverteilung der Luft von einem Luftbalg der Luftfederung zum anderen. Der dazu notwendige Kompressor wurde durch Sensoren aktiviert, die die Seitenbeschleunigung maßen. Die theoretisch maximale Neigung lag bei vier Grad. Wegen des fest am Dach montierten Stromabnehmers waren jedoch nur zwei Grad möglich. Außerdem fühlten sich aufgrund des zu niedrig gebauten Drehpols einige Reisende unwohl. Daraufhin verzichtete man völlig auf das Neigen. Immerhin erwies sich die Luftfederung als ausgesprochen angenehm.

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Inneneinrichtung des ET 403

Die Inneneinrichtung wurde von den damals fahrenden Rheingold-Wagen weiterentwickelt und war zum Vergleich der damaligen Flotte deutlich komfortabler. Die Flugzeugsitze konnten frei in Fahrtrichtung gedreht und die Rückenlehnen geneigt werden. Der ganze Zug bestand nur aus Wagen der ersten Klasse, wobei zwischen Abteil- und Großraumaufteilung unterschieden wurde. Um die Motorengeräusche zu mindern, isolierte man den Fußboden, was auch der Wärmedämmung zugutekam. Der Führerstand war für die damaligen Verhältnisse sehr modern. Zwei Sitze waren vorgesehen, für Fahrer und dem damals vorgeschriebenen Beifahrer, der gleichzeitig Zugchef war. Die Frontfenster konnten beheizt werden. Für die kulinarischen Bedürfnisse der Reisenden befand sich ein Halbspeisewagen im Zugverband. Er erwies sich jedoch als Fehlplanung, da die Küche zu klein war. 24 Sitzplätze standen dort den Fahrgästen zur Verfügung, weitere 184 Sitzplätze im restlichen Zug. Durch sein schnittiges Aussehen bekam der Zug die Spitznamen „Donald Duck“ und „Weißer Hai“.

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Die ET 403 im Einsatz

Nur ganze viereinhalb Jahre lang kam das Trio im IC-Verkehr zum Einsatz. Die Laufleistungen jedoch überstiegen sogar die der Schnellfahrlok der Baureihe 103, dem damaligen Zugpferd der DB. Weitere Versuchsfahrten absolvierte ein verkürzter ET 403 zwischen München und Augsburg. Leider konnte nur selten die Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h erreicht werden, da der Ausbau des Schienennetzes nur schleppend voranging. Erreichte man aber für kurze Zeit die 200 km/h-Marke, informierte der Fahrer die Reisenden, dass der Zug nun mit maximaler Geschwindigkeit fahre. Innerhalb kurzer Zeit fielen der DB einige Nachteile des Triebwagenzugkonzepts auf, weswegen trotz vorübergehendem Wagenmangel alle drei Züge zum Ende des Winterfahrplanes 1978/79 eingestellt wurden. Eine vierteilige Einheit war der DB zu teuer. Auch der personalaufwendige Halbspeisewagen war zu unwirtschaftlich. Die hohe Geschwindigkeit und gute Beschleunigung konnten die Züge mangels Schnellfahrtrassen nicht ausspielen, deren Bau sich noch etliche Jahre hinzögern sollte. Bei der Einführung der zweiten Wagenklasse im IC-Verkehr wollte niemand den nur aus Erstklasswagen bestehenden Triebwagenzug umrüsten. Nach einigen Sonderfahrten beabsichtigte die DB den ET 403 innerhalb Europas zu verkaufen, was aber wegen der unterschiedlichen Stromsysteme nur eingeschränkt möglich gewesen wäre.

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ICE-Streckennetz in Deutschland und im benachbarten Ausland

 

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Die Lufthansa-Karriere als Airport-Express-Züge

Viereinhalb Jahre nach dem ersten Einsatz sah es so aus, als ob das Ende des ET 403 gekommen sei, so wie es beim britischen „Advanced Passenger Train“ der Fall war. Zum Glück unterbreitete das Bundesministerium für Verkehr den Vorschlag, den ET 403 bei der Lufthansa als Ersatz für innerdeutsche Flüge heranzuziehen. Zuerst war die DB damit nicht so recht einverstanden, da der Frankfurter Flughafen seinen eigenen Bahnhof haben müsse, aber auf Drängen des Bundesverkehrsministeriums kam es zur Kooperation zwischen Lufthansa und der Deutschen Bundesbahn. Einsatzgebiet des ET 403 unter dem Namen „Lufthansa Airport Express“ war ab dem 28. März 1982 die Strecke von Düsseldorf Hbf nach Frankfurt Flughafen. Der Zug war wirklich günstiger als das Flugzeug. Ein Flug mit der Boeing 737 kostete damals 14.000 DM, eine Fahrt mit dem Zug nur 9.000 DM. Nach zwei Jahren rentierte sich das Pilotprojekt. Die Lufthansa rührte kräftig die Werbetrommel, dass Fluggäste der Lufthansa eine kostenlose Rheinfahrt mit dem schnittigen, dem Flugzeug ähnlich aussehenden Airport Express machen können. Vor allem Touristen aus Amerika und Japan lockte die Lufthansa mit dem Zug an. Zwischendurch fuhr der ET 403 auch als fünfteilige Garnitur und in Traktion. Um auch von anderen Gegenden her den Frankfurter Flughafen bedienen zu können, orderte die Lufthansa noch lokbespannte Züge, die entsprechend umlackiert wurden. Es sah so aus, als ob es noch eine ganze Zeit lang so weiter gehen könnte. Doch 1991 stellte die DB fest, dass die drei Einheiten unter erheblich großen Korrosionsschäden zu leiden hatten. Die Kosten für eine Renovierung erschienen sowohl der DB als auch der Lufthansa zu hoch, weshalb die Züge auf das Abstellgleis geschoben wurden. Danach unterbreiteten einige den Vorschlag, zwei ICE-Züge für die Lufthansa umzurüsten oder auf Neigezüge der Baureihe VT 610 zurückzugreifen. Dieser Plan verlief jedoch im Sand. Stattdessen werden nun ein paar Sitzplätze in der ersten Klasse von regulär verkehrenden IC-Zügen für Fluggäste reserviert. Dadurch erhöhte sich das Zugangebot um das Doppelte.

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Zukunftsaussichten des ET 403

Der Bau des ET 403 war im Prinzip eine gute Idee, um einen modernen und schnellen IC-Verkehr auf die Beine zu stellen. Doch die Technik war noch nicht richtig ausgereift – allem voran die Neigevorrichtung. Die Idee eines Triebwagenzuges mit unterflur angeordneten Motoren und Neigetechnik griff die DB erst zwanzig Jahre später mit dem ICE-T wieder auf.

Nachdem die drei ET 403-Züge eine Zeit lang in Nürnberg auf dem Abstellgleis standen, wurden zwei nach Berlin-Spandau und einer nach Prignitz gebracht. Alle Züge waren für einige Zeit (Stand: März 2008) in Neustrelitz abgestellt. Die Fahrzeuge sollten wieder vom Museumsverein von der Prignitzer Eisenbahn aufgearbeitet werden. Probleme hätte dabei das Aluminium bereitet. Außerdem sollen die Züge Asbest verseucht sein. Vorübergehend erhoffte man sich, aus drei defekten Zügen einen renovierfähigen Zug zusammenzustellen.

Im Oktober 2010 gab es eine erfreuliche Nachricht: Die ET 403 sind von der PEG verkauft worden. Zwischen Herbst 2010 und Mai 2011 erwarb ein Vorstandsmitglied des Eschenauer Kulturlokschuppens „Seku“ e.V. alle 12 Einzelfahrzeuge und stellte sie dem Verein als Koordinator aller weiteren Maßnahmen unentgeltlich zur Verfügung. Aus den drei Zügen soll eine betriebstaugliche Garnitur zusammengestellt werden. Das Projekt benötigt jedoch noch nach wie vor finanzielle Unterstützung. Auf der Website www.et403.com kann man sich über die Aktion informieren und Spenden tätigen.

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Technische Daten:
Zug- / Baureihenbezeichnung:ET 403 / Lufthansa Airport-Express
Hersteller:LHB (Gestaltung, Endmontage)
MBB (Trag. Struktur, elektr.-/Brems-Ausrüstung)
MAN (Drehgestelle)
AEG, BBC, Siemens (elektr. Ausrüstung)
Herstellungskosten pro Zug:1,687 Mio. Euro
Anzahl der Züge:3 Züge
Zugtyp:Triebwagenzug
Anzahl der Endwagen:2 Endwagen
Anzahl der Mittelwagen:2 Mittelwagen
Anzahl der Sitzplätze 1. / 2. Klasse / Restaurant:159 / --- / 24 (183 insg.)
Baujahr:1972
Inbetriebnahme:Dezember 1974
Spurweite:1435 mm
Stromsystem(e):15 kV 16,7 Hz
Zugleitsystem(e):Indusi, LZB, AFB, SiFA (Deutschland)
Technisch zugelassene Höchstgeschwindigkeit:220 km/h
Höchstgeschwindigkeit im Plandienst:200 km/h
Antriebsleistung des Zuges:3.840 kW ( 16 x 240 kW )
Beschleunigung des Zuges:0,6 m/s²
Anfahrzugkraft:200 kN
Bremssystem(e):elektrische Widerstandsbremse
Luftdruckbremse
Magnetschienenbremse
Jakobsdrehgestelle:Nein
Neigetechnik:Ja ( 4° )
Zug fährt auch in Traktion:Ja
Radtyp:Monobloc
Anzahl der Achsen / davon angetrieben:16 / 16
Achsformel:Bo'Bo' + Bo'Bo' + Bo'Bo' + Bo'Bo'
Federung:Luftfederung
Länge / Breite / Höhe der Endwagen:27.450 / 2795 / 4020 mm
Länge / Breite / Höhe der Mittelwagen:27.160 / 2795 / 4020 mm
Achslast (maximal):15.6 t
Leergewicht:235 t
Zuglänge:109,22 m
Ausrangiert:1991

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